Pleasure 121

Vom Cover dieser Ausgabe #121 prangt kein spektakulärer Actionshot, kein Sonnenuntergang, keine Bergidylle im gleißenden Sonnenlicht. Kein Motiv, das die eigentliche Basis-Funktion eines Zeitschriftentitels erfüllt, nämlich visuell dem potenziellen Leser zuzurufen: „Nimm mich! Ich bin attraktiv für dich!“. Ständig werden wir in praktisch allen Situationen mit Informationen überflutet, in denen meistens ein konumsorientierter Imperativ verpackt ist: Kauf mich! Wähl mich! Entscheide dich! Wir werden bombardiert mit Antworten, zu denen wir oftmals noch gar keine Fragen formuliert haben.

Unsere kleine Snowboardwelt stellt da überhaupt keine Ausnahme dar. Jede Website, jede Zeitschrift, jedes Foto, jedes Produkt, jeder Artikel – alles verwoben zu einem wildgemusterten Teppich der Begehrlichkeiten, der Bedürfnisse weckt und einfache Mittel der Befriedigung derselben impliziert: Mach das. Probier’ das. Fahr da hin. Hab deine Wünsche – träum einfach von ihnen, oder lass sie wahr werden.

Wenn man sich so viele kumulierte Jahre intensiv mit dem Thema Snowboarden in allen Facetten beschäftigt wie die Pleasure-Redaktion, schwankt man immer zwischen zwei Extremen, die man scheut wie der Teufel das Weihwasser: Zum einen der berühmte Tunnelblick, der einen zur Fachidiotie verleitet, zum anderen die seichte Oberflächlichkeit, die zur Beliebigkeit verführt.

Snowboarden verändert sich, so wie sich die Snowboarder verändern. Die extrovertierte Eindimensionalität der rebellischen Jugendkultur aus den frühen Tagen hat ihre Fortsetzung in der radikalen Kreativität der Core-Szene gefunden, in der es um Progression, neue Tricks und das Erforschen der Machbarkeiten ebenso geht wie um maximale Intensität der Hingabe und Passion. Diese „mittlere“ Generation von Snowboardern bleibt eine treibende, experimentelle Kraft im Snowboarden, hat aber allein schon durch die demographische Logik bedingt Mitspieler bekommen: Einerseits die „Boomer“ jenseits der Dreißig, die Snowboarden in den angeblich wilden Jahren um die Jahrtausendwende selbst als „Kids“ erlebt haben, dieser Welt entwachsen sind und jetzt neue, andere Bedürfnisse haben. Und andererseits die Kinder – die unter Umständen nun als erste Generation snowboardende Eltern haben, in jedem Falle aber eine im wahrsten Sinne kindliche Begeisterung.

Angesichts dieses dramatisch erweiterten Spektrums an tatsächlichen und potenziellen Snowboardern, irgendwo zwischen 4 und 40+, irgendwo zwischen Schnee-Erstkontakt, Core-Shredder und Schirmbar-Tourist, ist es Zeit für die Erkenntnis, dass so viel Vielfalt an individuellen Bedürfnissen und Erwartungen einfach keinen Platz für simple Antworten lässt, bei denen sich die Frage von allein ergäbe.

Wenn man Geschichten vom Snowboarden erzählen will, dann am besten von und über Snowboarder. Wir haben unsere prägenden Erlebnisse, ihr als Leser habt sicher eure eigenen, vermutlich haben die meisten einen gemeinsamen positiven Kern. Jede Generation an Shreddern hat eine Vorgänger- und eine Nachfolgegeneration, und wir haben in dieser Ausgabe unter dem Motto „Influence“ versucht, einen kleinen Ausschnitt der Vielfalt zusammenzutragen, festgemacht an Snowboarder-Persönlichkeiten, die durchaus als positive Inspiration für den Status Quo gelten dürfen.
Bewusst aus einer etwas rückblickenden Perspektive, denn was die Zukunft angeht, halten wir es ganz mit Nicolas Müller aus der letzten Pleasure-Ausgabe 120: Snowboarden ist das, was die Snowboarder da draußen daraus machen. Im Sinne des introvertierten Covershots dieser Ausgabe: What would you do?

Inhalt

132 Seiten
Influencers
Eero Ettala Interview
Follow Your Nose
Terje Håkonsen Interview
Baldface Travel Story
Ben Ferguson Interview
Stick a Trick - Nollie Hipster