Product Special 2019/20

Es wird viel zu wenig nachgedacht, ganz generell, und beim Konsumverhalten sowieso. Eine meiner Lieblingsumschreibungen für eine meiner Lieblingsbeschäftigungen ist das „Sinnieren“. Wer sinniert, muss nicht zwingend prozess-optimiert und lösungs-orientiert ein Gedankengetriebe konstruieren, in dem die Zahnräder exakt ineinander greifen. Das Sinnieren ist eher ein gedankliches Flanieren, ein interessiertes, neugieriges, aber nicht zwingend zielgerichtetes Umherstreifen in einem Thema. Wer sinniert, der sucht, unbestimmt und um des Suchens willen, so dass das Finden sich eher wie ein unerwartetes Geschenk als ein erreichtes Ziel anfühlt.

Die Komplexität der alltäglichen Herausforderungen verleitet uns dazu, ständig zu optimieren: Abläufe, Zeitpläne, Zielvorgaben. Produktivität als Leitmotiv der Selbstoptimierung lässt nur wenig Zeit zum gemütlichen Sinnieren. Nicht selten, wenn es einem doch einmal passieren sollte, wird das Sinnieren auch noch als Trödeln, Verplempern oder gar Prokrastination missverstanden. Man ist es halt nicht mehr gewohnt, durch große Gedanken- und Inspirationssammlungen, wie etwa eine Bibliothek zu schleichen, in der jeder Buchrücken eine mögliche Eingangstüre in eine andere, faszinierende Gedankenwelt sein kann, und die auf das Lesen verwendete Zeit der größte Einsatz ist. Stattdessen steuern uns Algorithmen zu Content-Häppchen zu Interaktion zu Konsum, der quasi „instant“ immer neue Bedürfnisse befriedigt, die der Algorithmus überhaupt erst geweckt hat.

Das „Neues“ immer wieder von „Neuem“ abgelöst wird, ist typisch für die Popkultur, in der auch Snow- boarden seine Wurzeln hat. Diesem ständigen Bedarf an „Neuem“, das bis dahin „Neues“ entwertet, wohnt eine selbstzerstörerische Kraft inne, über die sich ganz trefflich sinnieren lässt, um Wege aus diesem Kreislauf einer sich selbst fressenden Schlange zu finden.

Auf das Pleasure Product Special 2020 sollte man sich als Angebot zum Streifzug durch die kulturellen Identifikations-Möglichkeiten als Snowboarder einlassen. Die Zeiten, in denen der „Letzte Schrei“ des Mainstreams dominiert hat, liegen Gott sei Dank hinter uns. Stattdessen blickt Snowboarden auf eine inzwischen so lange währende Evolution zurück, dass es selbstreferenzielle Retro-Trends hervorbringen kann. Von der Wiederbelebung legendärer Designs bis hin zur Hommage an Shape-Philosophien der 1980er – Snowboarden hat mehr zu bieten als jemals zuvor. Dieses neue Selbstbewusstsein äußert sich auch in der unternehmerischen Bereitschaft, neue Wege jenseits der tradierten saisonalen Kollektionen zu gehen und andere Angebote des Konsums zu machen: Mehrjährige Carry-Over- Modelle bei den Boards und zeitlos designte, hochqualitative Outerwear, die auf mehrjährige Nutzung aus- gelegt ist, ermöglichen dem Konsumenten, für sich individuell zwischen Bedarf und Bedürfnis zu unterscheiden und sinnvolle Kaufentscheidungen zu treffen.

Nehmt euch die Zeit, sinniert ein wenig und findet hoffentlich jede Menge Inspiration zum Tagträumen auf den folgenden Seiten. Und nicht vergessen: Ein Tag auf dem idealen Snowboard verspricht mehr Kontemplation, Glück und Seelenheil als jede Meditations-App.

Bene

Inhalt

180 Seiten
46 Marken
Resort Special
Headlines
Gallery
Service