Die Faszination Snowboards sammeln.

Faszination Snowboards sammeln

Interview
Christian Öfner
Erschienen in
Product Special 2017
Manu Endress

Faszination Snowboards sammeln

Die besten neuen Boards, Boots, Bindungen, Goggles, Jacken, Hosen und vieles mehr gibt's ab sofort auf 196 Seiten im pleasure product special 2018. Habt ihr nicht? Skandal! Direkt hier bestellen oder – noch besser – abo abschließen, Geld sparen, Prämie absahnen und nie mehr eine Ausgabe verpassen.

Briefmarken, Kronkorken, Münzen, Comics, Modelleisenbahnen ... der Mensch scheint von einem Verlangen getrieben, sich mit ihm wichtigen Dingen in möglichst großer Zahl zu umgeben. Peter „Pez“ Radacher aus Salzburg und Nathan Remelslov in Minnesota sammeln Snowboards. Zwei besonders ambitionierte Exemplare einer Gattung Snowboarder, die erst in den letzten Jahren vermehrt auf den Plan getreten ist und deren Interesse weniger dem neuen heißen Scheiß, als der Vergangenheit und den Wurzeln des Snowboardens gilt. Ein Ausflug in die Vergangenheit, um die Zukunft zu verstehen.

Warnung: Es besteht höchste Ansteckungsgefahr!

Pleasure: Wie viele Snowboards befinden sich in eurem Besitz?

Thanan: Zwischen 200 und 250. Das ändert sich fast jede Woche.

Pez: So um die 420 Boards.

Wie tief habt für die Boards in Tasche gegriffen?

Pez: Insgesamt kommen da schon einige Tausend Euro zusammen.

Thanan: Das hält sich bei mir echt im Rahmen. Man muss nur wissen, wo die günstigen Boards zu finden sind.

Was du nur sagst, weil du Angst vor der Reaktion deiner Frau hast, wenn sie die Wahrheit erfährt?

Thanan: (lacht) Nein, sie weiß Bescheid und steht voll hinter mir. Es gäbe viele teurere Hobbys, denen ich nachgehen könnte.

Thanan Remelslov (li.) und Peter "Pez" Radacher sammeln Snowboards. Zusammen besitzen sie über 600 Boards.

Was ist das Highlight eurer Sammlung?

Pez: Schwer zu sagen. Ich besitze einige Vorgänger moderner Snowboards, wie das Winterstick Swallowtail, das SIMS FE 1500 oder den Moss V1 Snowstick, die den Übergang zum heutigen Snowboard repräsentieren. Ich schätze sie sehr, weil sie den Wandel vom Spielzeug zum Sportgerät verdeutlichen. Auch auf mein Laz-Board aus der Türkei bin ich richtig stolz. In den Kashgar-Bergen wird seit mindestens 150 Jahren seitwärts gefahren. Das Board habe ich für gerade mal 20 Euro erstanden.

Thanan: Ein 1991 Burton Air 6, mein erstes richtiges Snowboard. Darauf habe ich Carves gelernt und bin zum ersten Mal Halfpipe gefahren. Auch wenn sich mir aus heutiger Sicht nicht erschließt, wie ich dem Ding als 14-Jähriger auch nur eine einzige Kurve entlocken konnte. Es war deutlich länger als ich hoch.

Thanan, interessierst du dich hauptsächlich für alte Boards aus deiner Jugend?

Thanan: Ja, zumindest größtenteils. Boards, die ich früher gefahren bin, oder Bretter, die ich gerne gefahren wäre, sie mir damals aber nicht leisten konnte. Im Herzen bin und bleibe ich ein Burton-Typ.

Die Boards erinnern mich an meine Anfänge, als Skaten und Snowboarden alles für mich gewesen ist.
Thanan Remelslov

Wie würdet ihr den Wert eines Snowboards definieren?

Pez: Die persönliche Komponente ist das Eine, der Einfluss auf die geschichtliche Entwicklung das Andere. Aus den beiden Parametern ergibt sich der monetäre Wert.

Thanan: Den Wert muss jeder für sich definieren. Ich kann nur für mich sprechen, doch in meinem Fall zählt nur die emotionale Bindung. Die Boards erinnern mich an meine Anfänge und damit an eine Zeit, als Skaten und Snowboarden alles für mich gewesen ist. Was ist so eine Erinnerung wert? 50 Dollar, 100 Dollar, ... ich weiß es nicht. Das kann man in keine Zahl fassen, die für jeden gleichermaßen fair wäre.

Das ideale Sammlerstück hat welchen Zustand?

Pez: Ich persönlich steh’ weniger auf neuwertige Boards. Ich mag es, wenn sie gefahren wurden und weiterhin gefahren werden. Dafür wurden die Snowboards gebaut. Stammt das Brett von einem bestimmten Pro, ist das eine nette Zusatz-Geschichte für das Museum.

Thanan: Das sehe ich ähnlich. NOS (Never on Snow, originalverpackt; Anm. d. Red.) ist eine coole Sache, aber mich reizen Boards, die eine Geschichte erzählen. Sticker und Gebrauchsspuren gehören dazu. Auf selbstgebohrte Bindungs-Inserts könnte ich allerdings problemlos verzichten. Ich kann nicht fassen, dass das mal cool war.

Gibt es den Heiligen Gral der Snowboardsammler?

Thanan: Üblicherweise das Board, mit dem der Käufer Snowboarden angefangen hat. Zumindest geht es den meisten leidenschaftlichen Sammlern so. Natürlich gibt es auch „berühmte“ Boards, die eine große Anziehungskraft haben ... wenn auch auf einen anderen Schlag Sammler.

Pez: Google schlägt das Burton BB1 vor. Das erste Serienbrett des heutigen Marktführers. Solche Snurfer mit Wasserskibindung wurden auf eBay schön öfters für bis zu 10.000 Dollar gehandelt. Ein früher Prototyp des BB1 sogar für über 31.000 Dollar. Ich finde die frühen SIMS Boards aus dieser Zeit fortschrittlicher und spannender. So ein Diamond Tail würd’ ich schon nehmen.

Gibt es Sammlerstücke, die eurer Meinung überbewertet und überteuert sind?

Pez:
10.000 Dollar für ein BB1? Hmm, ich weiß ja nicht. Zumal davon auch jede Menge Nachbauten herumschwirren.

Thanan: Das ist einfach: Jedes Board, das über eine Online-Auktion versteigert wird. Die meisten Menschen haben eine realitätsfremde Vorstellung über den Wert ihres alten Mülls.

Pez, du handelst mit Boards?

Pez: Ja, aber meist handelt es sich eher um Tauschhandel gegen andere Bretter. Besteht der Verkäufer eines bestimmten Modells auf Kohle, verkaufe ich eines meiner Doppelten, um mit dem Geld das Neue zu bezahlen.

DIG MY QUIVER
Unter diesem Suchbegriff tauschen sich auf Facebook und Instagram zahlreiche Snowboard-Sammler auf der ganzen Welt aus. Dabei kommen aber nicht nur nostalgische Schätze zum Vorschein, auch aktuelle Board-Serien werden von den Fans geteilt und kommentiert. 

Kann man mit alten Snowboards Geld verdienen?

Pez: Ja. Die Preise sind in den letzten Jahren rasant gestiegen.

Thanan: Das sehe ich nicht unbedingt so. Wenn man Zeit, Benzin, Aufwand und die teils notwendigen Reisestrapazen miteinbezieht, bleibt an Gewinn nicht mehr viel über. Du kannst von Glück sprechen, wenn am Ende ein Burger und ein Bier rausspringen. Allerdings muss ich dazusagen, dass ich mit meinen Snowboards kein Geld verdienen will! Insofern sehe ich das naturgemäß anders.

Wie kommt man drauf, Snowboards zu sammeln?

Pez: Das ist individuell sehr verschieden. Viele wollen Geld verdienen ... noch mehr sind allerdings auf der Suche nach ihren ersten Brettern, kaufen diese und kommen dann auf den Geschmack. Dazu kommt noch der Typ „Hamsterer“, der einfach alles aufkauft, was irgendwo gehypet wird, und es dann im Keller verstauben lässt. Und zu guter Letzt Typen wie mich, die Snowboardgeschichte ausstellen wollen.

Thanan, welcher dieser Gründe trifft auf dich zu?

Thanan: Ich habe mir nie vorgenommen, Snowboards zu sammeln, sondern wollte einfach nur die Bretter aus meinen Anfängen wiederhaben. Einen gefühlten Augenblick später standen 20 Boards in meinem Wohnzimmer und ich musste mich ungläubig am Kopf kratzen ...

Mit welchen Boards ging es damals los?

Thanan: 1987 auf einem Black Snow Mogul Monster. Was für ein sch*** Board! Aber besser als nichts. Skaten war im Winter keine Option und ich konnte seitwärts die Hügel runterrutschen. Weiter ging es mit einem gebrauchten 1987 Burton Elite, das mir ein Freund vermachte. Was für ein Unterschied, was für ein Highlight. Zwei Tage später habe ich mir dann auch gleich erfolgreich das Handgelenk gebrochen (lacht). Das zuvor angesprochen Burton Air 6 war mein erstes neues Board aus einem Snowboard Shop und letztendlich der entscheidende Life-Changer!

Welche der Boards befinden sich noch beziehungsweise wieder in deinem Besitz?

Thanan: Noch: keines. Wieder: alle. Ich hatte damals kaum Geld und musste die alten Produkte verhökern, um mir neue kaufen zu können. Allerdings ist es mir gelungen, die Bretter wieder aufzutreiben. Also nicht dieselben Boards, aber die gleichen Modelle.

Pez, wie entstand die Idee des Snowboard Museums?

Pez: Ich habe Sport studiert, war immer schon von Sportgeschichte fasziniert und bin auf für Wintersport geschichtsträchtigem Boden aufgewachsen. Mein Großvater hat die erste Skischule im Salzburger Land gegründet, Seppi „Buwi“ Bradl, der erste Mensch, der auf Skiern über 100 Meter sprang, kommt aus der Region und mein Großvater Peter Radacher nahm 1952 – neben zwei weiteren Mühlbachern – an den Olympischen Spielen 1952 in Oslo teil.
Im Sommer 2003 besuchte ich das Holmenkollen Skimuseum in Oslo, wo mir auffiel, dass die Skigeschichte dort zwar beeindruckend aufbereitet war, die Snowboardgeschichte aber aus gerade mal zehn Boards bestand, die stiefmütterlich in einer Ecke herumstanden. Drei dieser zehn Boards lagen bei mir im Keller rum ... und da war mir klar, dass man das auch besser man kann.

Die Suche ist das eigentliche Highlight und ähnelt tatsächlich einer Schatzsuche.
Thanan Remelslov

Wie wurde aus drei Brettern eine ganze Sammlung?

Pez: Zu Beginn habe ich meine alten Snowboardkollegen aus den frühen Tagen angehauen und hatte sofort 30 Boards zusammen, die ich erst als Onlineprojekt präsentiert habe. Außerdem war ich Stammgast auf allen möglichen Flohmärkten, habe Sperrmüll durchsucht und wenn ich nach etwas Speziellem gesucht habe, war eBay hilfreich. Irgendwann waren so es viele Boards – dazu kam, dass ich von Innsbruck zurück an den Hochkönig gezogen bin – dass es sich anbot, bei unserem Team-Hostel Hochkeilhaus einen Schauraum einzurichten. 

Und wie kommst du heute an neue Ausstellungsstücke?

Pez: Es kommt immer wieder vor, dass Besucher alte Boards direkt im Museum abliefern. Daraus ergeben sich oft sehr unterhaltsame Anekdoten. Ansonsten geht viel über Boardtausch, das Internet, Bekannte ... Glück. In Wintersport- und Heimatmuseen findet man Urzeitbretter, die ich dann für den Showroom nachbauen lasse.

Thanan, wie läuft die Suche bei dir ab? Ich stelle mir dich als Indiana Jones vor, der die Unterwelt nach neuen Schätzen durchsucht.

Thanan: Die Suche ist das eigentliche Highlight und ähnelt tatsächlich einer Schatzsuche. Flohmärkte, Garagenverkäufe, Pfandleiher ... man weiß nie, welches Juwel in der hintersten Ecke wartet. Ich habe mich teilweise schon die ganze Nacht ins Auto gesetzt und 600 Kilometer abgespult, nur um jemanden wegen eines bestimmten Snowboards zu treffen.

Burton Snowboard Sammlung - Snow Surfer History

Pez, gibt es ein Wunschboard, das dem Museum noch fehlt?

Pez: Ein Original Knappenrößl. Im 16. Jahrhundert fuhren die Bergknappen in den Salzburger Bergen damit an den Wochenenden von den Stollen hinunter ins Tal. Großteils im Sitzen, aber in alten Schriften werden „die wilden Burschen“ auch beim „Reiten im Stehen“ beschrieben. Meines Wissens die ersten dokumentierten „Snowboarder“. So wie ich das sehe, wird es allerdings beim Nachbau bleiben.

Wie ist die Resonanz der Museumsgäste?

Pez: Unterschiedlich. Die Jungen gehen flott durch den kleinen Raum und bleiben bei der "Trendsektion" mit den Powsurfern hängen. Die alten Hasen bleiben bei jedem Brett stehen und können oft mehr dazu erzählen als ich! Schauen während den Events auch die Industrieleute vorbei, machen schnell alte Geschichten und Anekdoten die Runde, der Hammer!

Thanan, deine Boards stehen in keinem Museum sondern bei dir zuhause. Fährst du sie auch?

Thanan: Ständig! Wenn ich zum Snowboarden gehe, pack’ ich üblicherweise auch eines der alten Boards mit ein. Es macht Spaß, sie auszuprobieren. Letzte Saison habe ich relativ viele Tage auf einem 1994er Craig Kelly verbracht. Ein Freund von mir war das ganze Jahr auf einem alten Noah Salasnek unterwegs. Du solltest mal die Gesichter der Kids sehen, wenn sie die Boards sehen. Die Geschichtsstunde gibt es dann oft direkt mit dazu (lacht). Die meisten finden es cool und interessant.

Wie fährt sich ein 20 Jahre altes Board im Vergleich zu einem aktuellen?

Thanan: Ich bin letztes Jahr hauptsächlich ein aktuelles Burton Flight Attendant 159 und ein Arbor Shreddy Krueger 162 gefahren, zwei unglaublich gute Snowboards. Die alten Boards waren schwer, sehr schwer. Und außerdem extrem steif. Die meisten Snowboarder heute machen sich keine Gedanken darüber, wie gut sie es haben, modernes und funktionierendes Equipment unter den Füßen zu haben. Aber versteh mich nicht falsch: auch wenn manche Boards und Ideen waren aus heutiger Sicht Schwachsinn waren ... andere haben sich bewährt. Das alte Kelly Air ist ein geniales Boards, das ich immer noch vielen modernen Brettern vorziehen würde.

Vor ein paar Jahren wollte ein Boardsammler seine Kollektion verkaufen, weil er in Geldsorgen steckte. Anstatt ihm die Boards abzukaufen, haben wildfremde Menschen Geld für ihn gesammelt, damit er die Boards behalten kann. Seid ihr Sammler eine große Einheit, die sich gegenseitig unterstützt und dem anderen eine Rarität wünscht, oder Einzelkämpfer, die individuell um die tollste Sammlung buhlen?

Pez: Ich erinnere mich und habe damals auch ein paar Dollar gespendet, bin aber im Großen und Ganzen nicht so sehr mit der Sammlerszene verbunden. Die VST-Gruppe (Vintage Snowboard Trader; Anm. d. Red.) auf Facebook ist lustig und informativ, nur bin ich nicht der Typ, der nach zwei Chats einen neuen besten Freund hat. Das ist mir dann doch etwas zu amerikanisch. Übrigens, der Typ ... er hat seine Boards am Ende trotzdem verkauft.

Thanan: Die meisten Sammler, die ich kennengelernt habe, sind nette Typen, die eine Leidenschaft verbindet und wissen (wollen), wo der Sport herkommt. Nicht jeder sucht nach den gleichen Boards, weshalb man sich gegenseitig hilft, die Wunschliste zu komplettieren. Mir gefällt der Austausch, die Geschichten, die jeder zu erzählen hat, und gemeinsame Snowboardausflüge. Darauf kommt es an. Ohne jemanden, der das Brett fährt, ist es nur ein wenig Holz, Fiberglas und Metall. Und dafür wäre es zu schade.

 

Die besten neuen Boards, Boots, Bindungen, Goggles, Jacken, Hosen und vieles mehr gibt's ab sofort auf 196 Seiten im pleasure product special 2018. Habt ihr nicht? Skandal! Direkt hier bestellen oder – noch besser – abo abschließen, Geld sparen, Prämie absahnen und nie mehr eine Ausgabe verpassen.

 


Peter Pez Radacher

Seit 1990 steht der Salzburger auf dem Snowboard (streng genommen war er davor bereits mit einem auf abgeschnittenen Skiern montierten Holzbrett unterwegs). Vorrangig und am liebsten im tiefen Powder des Hochkeils am Hochkönig, wo der Touristiker das Team Hostel Hochkeilhaus und das Skigebiet Hochkeil leitet und das LIVINGROOM Snowboardmuseum kuratiert. Und nachdem das offensichtlich nicht genug ist, stellt der 34-Jährige seine Schätze auch auf unterschiedlichen Events aus oder veranstaltet diese gleiche selbst, wie beispielsweisen den LIVINGROOM Banked.

Thanan Remelslov

Wie für die meisten Snowboarder aus Minnesota gilt auch für Thanan Remelslov, dass ihn die Kombination niedrige Berge / noch niedrigere Temperaturen nicht abgeschreckt hat. Ganz im Gegenteil. Seit knapp 30 Jahren steht der 40-Jährige auf Skate- und Snowboard und hat bis heute wenig an Fanatismus und Idealismus eingebüßt. Thanan ist einer von den Guten, was man auch daran erkennt, dass er sein Geld als Feuerwehrmann und bei der Pistenrettung verdient.